Amazon Logistikzentrum Brieselang – die Kiva-Roboter stehen schon bereit

Mitte September 2014 lud die BVL-Regionalgruppe Berlin/Brandenburg ins Amazon Logistikzentrum in Brieselang ein. Der Ort ist außerhalb der Logistikbranche wenig bekannt, immerhin gibt es eine Autobahnabfahrt, die den Namen der Stadt trägt.

Amazon_Logistikzentrum_Scanning_ProdukteAmazon hatte das Lager 2013 in Betrieb genommen. In Zeiten, in denen der Katalogversand noch boomte, nutzte Neckermann das Lager für sein Möbelsortiment. Neben Amazon findet sich das Lager von Zalando. Und so geben diese beiden Lagerhallen ein skurriles Bild ab: 2 Marktführer des Onlinehandels, direkt nebeneinander und an Orten, an denen früher Ware für den Katalog versandt wurde.

Karsten Müller (General Manager Amazon Brieselang) stellte den Standort vor und begann seinen Vortrag mit den Worten, „wir machen hier keine Raketenlogistik“. Was er damit meinte, erschloss sich dem Besucher beim späteren Rundgang. Herr Müller fügte an, er sei gerade Papa geworden und die Herausforderungen der Logistik einer Familie seien ungleich höher, als die Logistikanforderungen bei Amazon.

Unser Rundgang dauerte eine Stunde und begann im Wareneingang. Im Sekundentakt wurden die Pakete über ein Band angedient und mit Hochdruck geöffnet, geprüft und vereinnahmt. Danach wird die Ware auf Einlagerungswagen gepackt und in die vorgesehenen Regale transportiert. Jeder Einlagerer sucht sich seinen Lagerplatz selbst, es gibt keine Vorgabe vom System. Die Einlagerung erfolgt chaotisch.

Die genutzten Fachbodenregale machten den Eindruck, als hätten sie schon bessere Jahre gesehen. Es ist nicht so, dass die Technik veraltet oder unpassend wäre, sie wirkt nur bei all den Produkten regelrecht simpel und nahezu bodenständig.

Was mir auffiel, so, wie die Produkte in den Regalen liegen, bekommt man keine Lust zu shoppen. Die chaotische Lagerung erweckt den Eindruck, als betrete man einen Gemischtwarenladen. Und irgendwie ist Amazon ja auch ein einer, ein Gemischtwarenhändler.

Kurz vor Ende des Rundgangs wurden wir noch ins „Versuchslabor“ geführt. Irgendwo auf einer abgeschirmten Bühnenfläche standen hinter einem Zaun jene Roboter, die einmal die Zukunft der Onlinehandelslogistik sein sollen. Für uns Besucher gab es aber nichts zu bestaunen, da die Roboter nicht im Betriebsmodus waren. Wie die Zinnsoldaten standen die orangefarbenen Geräte nebeneinander, als warteten sie darauf, dass es bald losgeht.

Was Kennzahlen angeht, geizt Amazon mit Informationen, 2 interessante Daten habe ich trotzdem aufgeschnappt.

Ein Kommissionierer legt am Tag durchschnittlich 8 bis 10 km zurück. Das ist immerhin die Hälfte der Wegstrecke, die ein Kommissionierer bei Zalando in Erfurt zurücklegt (wie eine Mitarbeiterin des ZDF undercover 2014 herausgefunden haben will).

Die Kommissionierung ist entweder 2- oder sogar 3-stufig organisiert. Der nachfolgende Packprozess macht einen schlanken Eindruck, ein Mitarbeiter schafft es, bis zu 180 Sendungen (Pakete) pro Stunde zu verpacken (eigene Schätzung und Hochrechnung).

Nach dem Rundgang erschließt sich mir auch die Aussage; „Wir machen keine Raketenlogistik“. Wenn man das auf die Prozesse bezieht, die man besichtigen kann, dann mag das stimmen. Allerdings macht das vielleicht ein Viertel von der Leistung aus, die Amazon gewöhnlich an den Tag legt. Die wahre Kompetenz liegt darin, Personen und Aufträge zu steuern, Bestände europaweit zu verwalten, Lieferungen bestandsoptimiert und nach Verfügbarkeit zu disponieren. Also alles, was gewöhnlicherweise eine Supply-Chain an Herausforderungen bietet. Insofern rundet sich das Bild mit einer Aussage ab, die vor Jahren ein Amazon-Manager in Leipzig machte, als er sagte: „Amazon sei in IT-Unternehmen.“

Gegen 19 Uhr war die Veranstaltung zu Ende. Aus dem Veranstaltungsraum im 3.Stock konnte man Richtung Westen schauen, wo sich die Sonne gerade daran machte, unterzugehen. Der Abendhimmel färbte sich orange-rot. Die Farbe des Sonnenunterganges passte eher zum Logo von Zalando, als von Amazon. Und zur Farbe der Kiva-Roboter.


Weitere Infos zum Thema:

Die Fulfillment-by-Amazon Preise im Wandel der Zeit (2010 bis 2014)